Das Beratungsgespräch: Eine Kombination aus Information, Expertise und Überzeugungskraft

Ob ein Beratungsgespräch gelingt und harmonisch abläuft, hängt maßgeblich davon ab, ob Gesprächsstruktur, Gesprächsführung und Gesprächsziel kongruent sind. Sind diese nicht stimmig, zeigen sich deutlich spürbare Asymmetrien in der Kommunikation und lassen alle Beteiligten das Gespräch als „unrund“ empfinden. Meist fühlt sich der Patient in so einem Fall nicht individuell genug behandelt und nach „Schema F“ abgefertigt. Den Arzt wiederum beschleicht dann das Gefühl, nicht zum Patienten durchdringen zu können und ihn nicht wirklich zu erreichen. Um alle Bestandteile des Beratungsgesprächs auf einander abstimmen zu können oder dem Störfaktor des bisher missglückten Gesprächs auf den Grund zu gehen, muss deshalb zunächst das notwendige Bewusstsein für die einzelnen Gesprächsphasen geschaffen werden.

 

Bei der Reihenfolge dieser Phasen ist wenig Flexibilität möglich. Niemand würde mit der Unterschrift der Einverständniserklärung beginnen und mit der Einführung aufhören. Denn jedes Gespräch, unabhängig von Art und Inhalt, folgt völlig zurecht einer bestimmten Struktur.

 

Phase 1: Das Anliegen des Patienten ergründen

 

Ein klares Ziel zu ermitteln und zu definieren ist der Grundstein für ein gelungenes Beratungsgespräch. Denn sobald klar ist, wo es hingehen soll, ist auch klar, welcher Weg der richtige ist. Dies ist eine der wichtigsten Phasen im Beratungsgespräch und entscheidet vorab häufig, ob der Patient später mit dem Ergebnis zufrieden ist oder nicht. Denn für die Unzufriedenheit des Patienten ist selten das Behandlungsergebnis verantwortlich, sondern die im Vorfeld nicht an die Behandlungsmöglichkeiten angepasste Erwartungshaltung des Patienten.

 

Deshalb ist es wichtig, diesen durch die notwendigen Informationen zu befähigen, eine qualifizierte Entscheidung zu treffen. Es ist also unumgänglich, sich so häufig wie möglich zu vergegenwärtigen, dass der Patient ein Laie ist und von seinem aktuellen Wissensstand abgeholt werden muss, sowohl emotional als auch informativ. Der Patient sollte alle Informationen verinnerlicht und entsprechend seines Anliegens abgeglichen haben, bevor es an die Planung der konkreten Umsetzung geht – andernfalls läuft man Gefahr, dass der Patient die Botschaft des Arztes durch seine Erwartungen und den subjektiv wahrgenommenen Bedarf einfärbt und verändert. Klarheit ist in diesem Bestandteil des Gesprächs ein guter Begleiter, der vor späteren Beschwerden bewahren kann.

 

Phase 2: Der Beziehungsaufbau:

 

Ein entscheidender Schritt im Beratungsgespräch ist der Aufbau der Beziehungsebene. Hier lässt sich das Drei-Hirne-Modell gut anwenden und nutzen. Denn entscheidend ist, wie der Patient tickt – nur wenn der Arzt das vor Augen hat, kann er seine Aussagen in der für den Patienten geeigneten Darreichungsform servieren. Um dem Patienten zu ermöglichen, den Arzt als Mensch zu erfassen und Vertrauen aufzubauen, ist das Nutzen der gleichen Kommunikationsebene notwendig. Ist der Patient eher emotionsbetont, der Arzt hingegen verfügt über einen rational geprägten Verstand und versorgt demzufolge den Patienten ausführlich mit Zahlen, Daten und Fakten, ist es nicht weiter verwunderlich, wenn dieser sich nicht hinreichend betreut oder sogar unverstanden fühlt. Deshalb ist dem Aufbau der Beziehungsebene genug Beachtung zu schenken, denn diese ist das Fundament für ein stabiles Arzt-Patienten-Verhältnis. Ist dieses Fundament erst einmal gelegt, kann der Informationstransfer, die individualisierte Beratung und die konkrete Planung, problemlos durchgeführt werden.

 

Der Arzt präsentiert sich hier nicht nur als Experte, Behandler und Berater, sondern auch als Mensch. Die Beziehungsebene kann nur zu einem Menschen aufgebaut werden, niemals zu einer Berufsbezeichnung oder einem Experten. Es ist äußerst ratsam, diesem Grundsatz allzeit höchste Beachtung zu schenken, damit dieser Bestandteil des Beratungsgesprächs gelingen kann.

 

 

Phase 3: Der Informationstransfer (der Gesprächsgegenstand)

 

Als Gesprächsgegenstand bezeichnen wir das, worum es in einem Gespräch geht – dieser ist oft deckungsgleich mit dem Gesprächsanlass. Hier findet der hauptsächliche Informationstransfer statt und wird durch die Expertise des Behandlers verdichtet, individualisiert und auf das Patientenanliegen abgestimmt. Der Patient kann in dieser Phase des Beratungsgespräches, alle Informationen sammeln (Dauer, Umfang und Art des Eingriffs, Abheilungsdauer, Nachsorgeprocedere), die er benötigt um sich ein konkretes Bild von Umfang und zeitlichem Volumen der Behandlung zu machen. Nun kann der Patient auch ein konkretes Zeitfenster ermitteln, in dem die angedachte Behandlung durchführbar ist und erfüllt somit ein wichtiges Kriterium, für die folgende Terminvereinbarung.

 

Phase 4: Der Gesprächsabschluss

 

Geht es dann Richtung Gesprächsabschluss, rückt das definierte Ziel immer näher. Sie wollen, wenn alle Feinheiten geklärt und besprochen sind, die Zustimmung des Patienten. Und genau an dieser Stelle, wir die Grenze zwischen Patient und Kunde fließend. Denn in diesem Moment „verkauft“ der Arzt nicht nur sich, sondern auch seine Dienstleistung. Doch kein Mensch möchte etwas verkauft bekommen, sondern sich dafür entscheiden, aus freien Stücken. Das macht das Fragen so mächtig. Wenn dem Patienten die richtigen Fragen gestellt werden und auf diesem Wege sein Anliegen konkretisiert wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Arzt mit seinem individualisierten Umsetzungsvorschlag ins „Schwarze trifft.“ Und wie von selbst die Zustimmung des Patienten erhält. Deshalb ist eine konkrete Zusammenfassung vor der Zustimmung des Patienten sinnvoll und sehr hilfreich. So kann einem potentiellen „Nachkaufdissonanz“ (die Unsicherheit eines Kunden nach dem Erwerb einer Leistung, es handelt sich hier um eine Form der kognitiven Dissonanz) vorgebeugt werden. Hier sollten die Signalwörter des Patienten eingesetzt werden (Drei-Hirne-Modell), so fühlt sich der Patient verstanden, angenommen und stets in guten Händen.

 

Mit einer angemessenen Portion aufrichtigem Interesse und Aufmerksamkeit, lassen sich im Vorfeld viele potentielle, postoperative Unannehmlichkeiten eliminieren. Denn die häufigste Ursache für Ungereimtheiten zwischen Arzt und Patient, haben ihren Ursprung auf der mangelhaft konstruierten Beziehungsebene und basieren nicht auf mangelnder Kompetenz des Arztes. Das führt uns wieder schön vor Augen und erinnert daran, dass wir selbst im beruflichen Alltag, primär als Mensch stattfinden.

 

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Nathalie Helen Morgenroth
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